Mit Zeigestock und Schiefertafel
Die preußische Landschule in Schweicheln
Wie langweilig: Steht da ein Fachwerkhaus mit nur einem Geschoss, einer Toreinfahrt und zwei schmalen Eingangstüren. Es macht so gar nichts her, kein Schmuck, keine aufwändigen Inschriften. Angeben wollte der Bauherr wohl nicht. Die Überraschung kommt im Innenraum. Ein Portrait des Kaisers Wilhelm an der Wand, hölzerne Sitzbänke in zwei Reihen, ein Lehrerpult, eine Tafel und ein Ofen dazu – es muss eine Schule sein. Dabei ist sie so klein, kleiner geht es kaum. Der Klassenraum ist der einzige. Nebenan gibt es eine Küche, eine Wohnstube, ein Schlafzimmer und eine Kammer für die Kinder. Kaum zu glauben: In dieser Mini-Wohnung war der Lehrer mit seiner Familie zuhause.
Bis 1904 gingen die Kinder aus dem Dorf Schweicheln nahe Herford hierhin zum Unterricht. Errichtet hatte man das Haus 1847. Als in der Nachbarschaft eine neue Schule mit zwei Klassenzimmern gebaut wurde, blieb die Lehrerfamilie zunächst hier wohnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente es als Haus für Flüchtlinge, später für Asylbewerber. Heute steht es unter Denkmalschutz. Besucher können einen Eindruck vom Schulleben des 19. Jahrhunderts bekommen. Es geht streng zu! Vor schlechten Noten muss sich aber niemand fürchten.
Das Dorf und die Welt
Als der Erste Weltkrieg tobte, war auch hier auf dem Land das ruhige Leben vorbei. Der Lehrer wurde zur Nachrichtenbörse. Weil Johannes Schnücke richtig schreiben und lesen konnte, kamen die Leute zu ihm. „Schreiben sie bitte einen Brief an meinen Sohn. Er ist Soldat und in Frankreich an der Front.“ Die besorgte Mutter sagte dann auf, was der Lehrer schreiben sollte. Kam der Antwortbrief, musste jemand ihn vorlesen. Wer wurde gefragt? Richtig.
Feierliche Ansprachen musste der Lehrer halten und den Kaiser hochleben lassen. Er war schließlich ein kaisertreuer preußischer Beamter. Kriegsgefangene kamen ins Dorf, Franzosen, Engländer, Russen. Wer konnte sich mit ihnen verständigen? Am ehesten der Lehrer, der ihnen sagte, wo und was sie zu arbeiten hatten. So wurde die Schule zu dem Ort, an dem das kleine Dorf mit der weiten Welt zusammentraf. Und mit all dem Unglück des Kriegs.
Führungen in der Museumsschule Hiddenhausen
Neben der klassischen Gruppen-Führung mit historischer Schulstunde gibt es auch eine "Europastunde", in der Bezüge des Schulhauses und/oder der BesucherInnen zu Europa früher und heute hergestellt werden. Die Führungen können Sie hier buchen.